Der Palmkern(öl)speicher

Am Speicher 11–15 Dieses Wohngebäude war einst ein Speicher und ist neben der„Glashütte“ und dem „Flaschenturm“ eines der letzten Industriedenkmäler auf Stralau. 1885 fertiggestellt, gehörte es zur Fabrikanlage der Berliner Palmkernöl- und Schwefelkohlenstofffabrik Rengert & Co.

Der Betrieb produzierte Pflanzenöl, das vor allem zur Herstellung von Margarine, der „Butter des kleinen Mannes“, diente. Schwefelkohlenstoff war ein Nebenprodukt. Der Besitzer Paul Rengert (1845–1931) war seit 1873 Mitinhaber einer 1838 gegründeten Talgschmelzerei, Licht- und Seifenfabrik in der Linienstraße. Vier Jahre hatte der Bau der Stralauer Filiale in der damaligen Dorfstraße 7/8 (heute: Alt-Stralau 44/45) gedauert. Auf dem großen Gelände entstanden Fabrikgebäude, drei Speicher, ein Kesselhaus und ein Verwaltungsgebäude. Der Palmkernspeicher wurde direkt am Ufer des Rummelsburger Sees gebaut. Dort besaß die Fabrik auch einen eigenen Schiffsanlegeplatz für den Transport auf dem Wasser. Die Palmkerne kamen vor allem aus Togo, von 1884 bis 1914 eine deutsche Kolonie. Dort war die wirtschaftliche Ausbeutung der Naturgüter und der rechtlosen Einwohner besonders groß. Zu den exportierten Waren gehörten auch die Palmkerne, die von einheimischen Trägern in niedrigst entlohnten Tagesmärschen zu den Seehäfen geschleppt  werden mussten. Paul Rengerts Firma ging 1899 in Konkurs. Er selbst betrieb in den folgenden Jahren ein Lagergeschäft. Nach mehrmaligem Besitzerwechsel erwarb die Victoria-Mühle 1921 Bauten und Grundstück und lagerte dort Getreide. Während des Zweiten Weltkriegs war auf dem Gelände ein Zwangsarbeiterlager. Im Februar 1945 wurden alle Gebäude bis auf  den Speicher am Ufer durch einen Luftangriff zerstört. In der DDR gehörte der Speicher zu den Berliner Osthafen-Mühlen. 1973 diente er im DEFA-Spielfilm „Die Legende von Paul und Paula“ als Kulisse. Mühle und Speicher existierten bis 1990. Nach langem Leerstand wurde das unter Denkmalschutz stehende Gebäude

2010 von einem Investor erworben und zu einem Wohngebäude umgebaut. Die Straßennamen „Am Speicher“ und „Palmkernzeile“ erinnern seit dem Ende der 1990er Jahre an die vergangene Zeit.

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