Die „Hüttenhäuser“

Alt-Stralau 46 An dieser Stelle stehen noch zwei der drei Häuser mit Werkswohnungen, die die Besitzer der Stralauer Glashütte für ihre Arbeitskräfte 1890/1891 errichten ließen. Im Vergleich zu den üblichen Berliner Mietskasernen waren die von Heinrich Mittag (1859-1920) entworfenen Wohnhäuser vorbildlich.

Die fünfstöckigen Gebäude besaßen 26 Zwei-Zimmer-Wohnungen mit einer großen Küche, fließendem Wasser und Dampfheizung. Im Keller befanden sich Bäder und Waschküchen, hinter den Häusern Gärten und ein Spielplatz. Zudem gab der Betrieb einen hohen Mietzuschuss. Die Arbeitskräfte, in der Mehrzahl Glasmacher, sollten langfristig an die Glashütte gebunden und der politische Einfluss der Sozialisten niedrig gehalten werden. Durch das gemeinsame Arbeiten und Wohnen entstand bei den Bewohnern ein ganz besonderer Zusammenhalt. Seit 1890 organisierten sich die Arbeitskräfte der Glasindustrie im „Zentralverband der Glasarbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands“ . Die Gewerkschaft hatte seit 1897 ihren Sitz in Stralau und leitete von dort den Generalstreik von 1901. Vorsitzender war der Glasmacher Emil Girbig (1866–1933), der von 1897 bis 1900 in Alt-Stralau 17 eine Gastwirtschaft betrieb. Eine Reihe von Bewohnern schloss sich in der Weimarer Republik den Kommunisten an oder sympathisierten mit ihnen und leisteten bereits zu Beginn der NS-Diktatur Widerstand. Es kam zu Razzien, Verhaftungen und einem Prozess. Während des Zweiten Weltkriegs gründeten die Jüngeren die Widerstandsgruppe „Die Rote Flamme“ . Zu den aktiven Familien gehörte die Familie Willhagen: Max und Anna und ihre Söhne Heinz, Walter und Erich. Max Willhagen starb 1938 an den Folgen anderthalbjähriger Haft. An ihn erinnert ein Stolperstein. Anna Willhagen rettete gemeinsam mit anderen zwei Juden und zwei geflohene Zwangsarbeiter. Das vordere Haus wurde 1945 im Bombenkrieg zerstört. 1990 zogen Hausbesetzer ein. Heute stehen diebeiden Gebäude, umgebaut und modernisiert, unter Denkmalschutz.

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